Eine Langzeitmessung mit GPS und GARtrip
Von Heinrich Pfeifer
Zusammenfassung
Die Position eines festen Punktes wurde über eine Woche hinweg aufgezeichnet, in Intervallen von 30 Sekunden. Dadurch sollten die Eigenschaften des
Messfehlers von GPS untersucht werden. Die Aufnahmen werden als Streubild, als Histogramm und mit einer Liste der Eckwerte dargestellt.
Dieser Test wurde bislang drei Mal durchgeführt: zuerst, als die absichtliche Verminderung der Genauigkeit ("Selective Availability, SA") noch aktiv
war. Das zweite Mal, als SA abgeschaltet war.Und das dritte Mal mit EGNOS (dies ist die Europa-Variante von WAAS). Zusätzlich wurde der Effekt einer teilweisen Abschattung des Himmels verglichen mit guter
Himmelssicht.
Um die wesentlichen Ergebnisse kurz zusammen zu fassen: Die Abschaltung von SA war ein gewaltiger Schritt zu höherer Genauigkeit, etwa um den Faktor 10.Aber
die Verwendung von EGNOS bringt derzeit noch keinen signifikanten Vorteil. Es scheint, dass der derzeitige Testmodus von EGNOS bedeutet, dass die differentiellen Korrekturen noch nicht greifen. Ich werde diesen
Versuch wiederholen müssen, wenn die Testphase von EGNOS beendet ist. Verlassen Sie sich nicht auf die Genauigkeitsanzeige des Empfängers! Eine Anzeige von 2 m erfüllt den Besitzer zwar mit Stolz, aber sie
bedeutet nur, dass der Empfänger die Genauigkeit so hoch einschätzt. Sie bedeutet nicht, dass die Position wirklich innerhalb von 2 m um die angezeigten Koordinaten liegt!
Inhalt
1. Wie die Aufzeichnungen entstanden 2. Der Referenzpunkt 3. Streubilder der Aufzeichnungen 4. Histogramme der Aufzeichnungen (mit EGNOS) 5. Tabelle der Eckwerte 6. Mittelwertbildung zur Erhöhung der Genauigkeit
1. Wie die Aufzeichnungen entstanden
Dieses Dokument zeigt die Ergebnisse einer GPS-Langzeitmessung einer festen Position, um die Genauigkeit oder zumindest die Reproduzierbarkeit einer
GPS-Messung zu bestimmen. Zu diesem Zweck wurde die Position eines festen Punktes über eine Woche hinweg aufgezeichnet, in Intervallen von 30 Sekunden. Dieses Experiment soll außerdem die Genauigkeit von
Langzeitmessungen mit anschließender Mittelwertbildung zeigen, außerdem die statistische Verteilung der Messfehler unter verschiedenen Bedingungen.
Diese Messung habe ich zunächst durchgeführt, als die absichtliche Reduzierung der Genauigkeit ("Selective Availability" SA) noch wirksam war; dies
war im April 1999. Die Ergebnisse von damals sind in diesem Dokument schwarz markiert.
Eine Woche lang wurde die Position eines festen Punktes aufgezeichnet. Verwendet wurde ein Garmin GPS12XL (Version 3.02) mit externer Antenne GA27. Die
Antenne war direkt unter einem Dachfenster mit 30° Neigung nach Osten montiert. Außer dem Dach selbst gab es keine Hindernisse für den Satellitenempfang. Da hierfür der interne Track-Speicher des Garmin nicht
ausreicht, wurde die Funktion "aktuelle Position" des Programms GARtrip für die Aufzeichnung verwendet.
Eine tiefergehende Betrachtung wurde bereits von David L. Wilson veröffentlicht; weitere Quellen zum Thema finden sich bei Joe and Jack.
Am 2. Mai 2000 wurde SA abgeschaltet. Danach wiederholte ich die Messung mit den selben Geräten im Mai 2000; die Ergebnisse ohne SA sind durch rote Schrift
gekennzeichnet. Sie werden eine erhebliche Verbesserung feststellen.
Eine weitere Verbesserung sollte durch die Einführung von WAAS (bzw. EGNOS in Europa) erreicht werden. EGNOS ist seit April 2003 aktiv. Deshalb wiederholte
ich den Versuch, um die Ergebnisse mit und ohne EGNOS zu vergleichen, Ende April 2003. Die Ergebnisse mit EGNOS sind blau gekennzeichnet. Dieser Test wurde mit einem Garmin Etrex Vista gemacht (Version 3.10).
Leider ist das EGNOS-Signal an der Antennenposition der früheren Versuche nicht zu empfangen, aber ein anderes Dachfenster auf der Westseite des Hauses ließ den Empfang zu. Deshalb wiederholte ich zum Vergleich den
Test ohne EGNOS an diesem Fenster mit dem Vista, um nachzuweisen, dass dieses Ergebnis mit dem früheren 12XL-Ergebnis übereinstimmt. Danach wurde ein weiterer Test mit EGNOS aufgezeichnet. Sie werden keine
signifikante Verbesserung durch EGNOS feststellen können. Offensichtlich bedeutet der gegenwärtige Testmodus von EGNOS, dass die Korrekturdaten wertlos sind, obwohl der Empfänger die Korrekturen durch Anzeige von
"D" bestätigt, und obwohl die Genauigkeitsanzeige zeitweise auf 2 m heruntergesetzt wird. Aber sehen Sie selbst.
Um den Einfluss der Signalqualität zu ermitteln, wurde eine weitere Aufzeichnung an derselben Position vorgenommen. Dieses Mal war die Antenne ca. 60 cm
unterhalb des Fensters (50 x 80 cm) montiert. Die Dachfläche neben dem Fenster ist mit Alufolie isoliert. Dadurch wurde der Empfang so weit beeinträchtigt, dass es zeitweise zur Anzeige "Poor coverage"
kam, um eine kritische Empfangssituation zu simulieren. Die Aufzeichnung wurde begonnen, nachdem der Empfänger im 3D-Mode war. In dieser Aufzeichnung finden sich extreme Fehler (max. 757 m), die mehrere Minuten
andauern können. Diese zusätzlichen Tests ("bad signal") wurden mit SA und ohne SA durchgeführt, jedoch nicht mit EGNOS.
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2. Der Referenzpunkt
Nach Abschluss der Aufzeichnung wurde mit der entsprechenden Programmfunktion ein Mittelwert aus der gesamten Aufzeichnung gebildet. Der so ermittelte
Waypoint sollte nun mit einem exakt vermessenen Referenzpunkt verglichen werden, der jedoch nicht zur Verfügung stand. Auf eine Beurteilung der absoluten Genauigkeit muss daher verzichtet werden. Ersatzweise wurde
die Reproduzierbarkeit untersucht. Zu diesem Zweck wurde der Versuch wiederholt an einer um 7 m verschobenen Position, wobei die Auswertung einen Abstand von 8 m zur ursprünglichen Position ergab. Der Fehler von 1 m
ist zu vernachlässigen, da GARtrip Entfernungen auf ganze Meter rundet. Es bleibt noch anzumerken, dass bei der Vergleichsmessung ein Fenster mit 30° Neigung nach Westen verwendet wurde. Anscheinend hatte die
Abschattung bei einer Elevation von 30° keinen Einfluss. Später wurde dieses Westfenster für die Messung mit EGNOS benutzt.
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3. Streubilder der Aufzeichnungen
Die folgenden Streubilder zeigen die GARtrip-Zeichnungen der beiden Aufzeichnungen, beide im selben Maßstab. Der schwarze Punkt in der Mitte markiert den
berechneten Mittelwert. Schwarz: mit SA, rot: ohne SA. Linkes Bild: gutes Signal, rechtes Bild: teilweise abgeschattet. Für den EGNOS-Test wird kein Streubild gezeigt, denn es sähe genauso aus wie das
rote; siehe die Histogramme unten.
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4. Histogramme der Aufzeichnungen
Das Histogramm zeigt, dass der Fehler unterhalb eines vorgegebenen Wertes liegt. Beispielsweise liegt im schwarz
dargestellten Test (mit SA) der Fehler in 95% der Messungen unter 65 m (gutes Signal) bzw. unter 180 m (schlechtes Signal). Zum Vergleich: in der Untersuchung von Wilson wurden 57 m genannt.
Links: gutes Signal (Test #1), rechts: schlechtes Signal (Test #5).
Hier die Vergleichsmessungen ohne SA; bitte beachten Sie den anderen Maßstab.
Links: gutes Signal (Test #2), rechts: schlechtes Signal (Test #6). Der Unterschied zum schwarzen Histogramm ist erheblich!
Nun folgt die Vergleichsmessung mit/ohne EGNOS. Da der Messaufbau nicht identisch möglich war (Vista statt 12XL,
und andere Antennenposition), wurde zunächst ein Vergleichstest aufgezeichnet ohne EGNOS (Test #3). Das
zugehörige Histogramm ist rot eingezeichnet. Es sollte möglichst gleich sein der linken Linie im obigen Histogramm, und tatsächlich sind die Ergebnisse fast identisch, außer dem Anfangswert bei 1 m.
Die blaue Linie zeigt das Histogramm mit aktiviertem EGNOS, und tatsächlich erscheint der Unterschied vernachlässigbar (Test #4).
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5. Tabelle der Eckwerte
Die weiteren Unterschiede werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Wer die Aufzeichnungen selbst auswerten will, kann die Originaldateien beim Autor anfordern.
Test 1: mit SA Test 2: ohne SA Test 3: wie Test 2, mit Vista statt 12XL Test 4: mit EGNOS
Test 5: wie Test 1, mit teilweise abgeschattetem Himmel ("bad signal") Test 6: wie Test 2, mit teilweise abgeschattetem Himmel ("bad signal")
Test #
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
6
|
aufgez. Punkte
|
2040 2
|
2012 7
|
2208 4
|
1997 3
|
1735 9
|
1920 5
|
Datum
|
22-03 -99 bis 29-03 -99
|
11-05 -00 bis 18-05 -00
|
24-04 -03 bis 03-05 -03
|
16-04 -03 bis 24-04 -03
|
05-0 4-99 bis 12-0 4-99
|
22-0 5-00 bis 29-0 5-00
|
Unterbrechung en (Pausen) wg. fehlendem Empfang
|
0
|
0
|
0
|
0
|
169 (15% der Zeit)
|
79 (5 % der Zeit)
|
Durchschn. Geschwindigke it des wandernden Fehlers
|
1.0 km/h
|
0.2 km/h
|
0.3 km/h
|
0.3 km/h
|
2.7 km/h
|
0.4 km/h
|
Gesamte Strecke des wandernden Fehlers
|
175 km
|
35.6 km
|
46.9 km
|
47.5 km
|
390 km
|
62 km
|
Maximaler Fehler
|
203 m
|
22 m
|
21 m
|
80 m
|
757 m
|
280 m
|
99% der Messpunkte besser als
|
92 m
|
11 m
|
13 m
|
18 m
|
301 m
|
52 m
|
95% der Messpunkte besser als
|
63 m
|
8 m
|
9 m
|
9 m
|
182 m
|
22 m
|
50% der Messpunkte besser als
|
25 m
|
3.5 m
|
3.5 m
|
3 m
|
56 m
|
5 m
|
Offensichtlich kann EGNOS die bestmöglichen Messungen etwas verbessern, aber die schlechten Werte sind weit
schlechter als ohne EGNOS. Der Ausreißer mit 80 m kann zwar zufällig entstanden sein, und es wäre besser gewesen,
die Tests #3 und #4 simultan aufzuzeichnen, aber ich besitze den Messaufbau nur einmal. Immerhin wurde festgestellt,
dass Fehler über 40 m unabhängig voneinander an drei verschiedenen Tagen während der Aufzeichnungsperiode
vorkamen. Offiziell nimmt EGNOS voraussichtlich Mitte 2004 den Betrieb auf. Es wurde berichtet, dass die derzeit
gesendeten Korrekturdaten noch nicht verwertbar sind; es sind nur Testdaten. Deshalb ist zu empfehlen, sie nicht zu benutzen.
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6. Mittelwertbildung zur Erhöhung der Genauigkeit
Hierauf folgt die Frage, inwieweit die Genauigkeit durch Mittelwertbildung erhöht werden kann. Allen Oliver (Mail bitte in
Englisch) hat dies untersucht, basierend auf denselben Messwerten. Er mittelte die Positionen über 5 Minuten bis 36
Stunden. Die folgenden Diagramme zeigen die Verbesserungen für "Gutes Signal" und "Schlechtes Signal".
Gutes Signal, ohne SA
|
|
Schlechtes Signal, ohne SA
|
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